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Ein essbarer Inselspaziergang

Manchmal gehe ich ans Meer, und bin immernoch erstaunt, dass ich jetzt wirklich hier lebe. Unter den 1492 Argumenten, warum es toll ist, auf einer Insel zu wohnen, ist ganz klar die Tatsache, dass Lachs, Kabeljau, Muscheln und Co jetzt zu meinen regional-saisonal verfügbaren Lebensmitteln gehören -genau wie Reh, Wildschwein und Hase, sofern die Jäger etwas erwischen (und das scheint trotz der gerade einmal 19km² großen Inselfläche, und der beachtlichen Wildpopulation, keineswegs selbstverständlich zu sein: Ich muss ja ein kleines bisschen schmunzeln, dass die Rehe zwar bis in den Garten kommen, aber die eine oder andere Treibjagd völlig erfolglos geblieben ist). Andererseits ist es auf so einer Insel ohne Wochenmarkt und Fischerladen manchmal gar nicht so einfach, auch an den frischen Fisch zu kommen. Ich weiß, das klingt absurd. Aber: der junge Kabeljau, oder wie er hier eben genannt wird: Dorsch, ist einem Freund an die Angel gegangen und deshalb unversehens auf meinem Teller gelandet. Hiddensee hat übrigens bis 1815 zu Schweden gehört, was sich in der blau-gelben Flagge der Insel wieder findet, und auch landschaftlich könnte man meinen, in Südschweden gelandet zu sein. Folgerichtig ist dieses Sommergericht eine kleine, essbare Schwedenliebelei, mit Zutaten meines neuen Zuhauses.

Für zwölf knusprige Buttermilch-Sauerteig Knäckebrote: 40g Roggen-Anstellgut-Reste sechs Gramm frische Hefe ein Teelöffel Honig 160g Buttermilch, lauwarm 220g Weizenmehl, Typ 550 80g Roggenmehl, Typ 1150 sechs Gramm Salz (wer mag, je ein Gramm Anis-, Fenchel-, und Koriandersaat, im Mörser fein zermahlen)

Sauerteig, Hefe, Honig und Buttermilch sanft mischen, und dann Mehl, Salz und Gewürze dazu geben. Die Zutaten mit einem Löffel verrühren und dann mindestens fünf Minuten lang verkneten. Den Teig abgedeckt bei Zimmertemperatur zwei Stunden gehen lassen, und nur einmal nach der Hälfte der Zeit sanft mit nassen Händen strecken und falten. Den Teig in zwölf gleiche Teile teilen, rund schleifen und abgedeckt eine viertel Stunde entspannen lassen. Derweil den Backofen auf 200°C Ober- Unterhitze vorheizen. Jetzt geht es den kleinen Kugeln an den Kragen, denn eine nach der anderen wird auf der gut bemehlten Arbeitsplatte zu sehr dünnen Fladen mit etwa 25cm Durchmesser ausgerollt. Wer will, kann mit einem Servierring in der Mitte einen Kreis ausstechen. Das hatte früher den Vorteil, dass man die Brote als Vorrat auf eine Holzstange auffädeln, und so leicht und sicher lagern konnte. Die Innenteile entweder -einfach wie sie sind- mit auf´s Blech werfen, oder kleine dekorative Ringe daraus ausstechen. Jeden Fladen vor dem Backen mit der stumpfen Seite eines Schaschlikspießes schön dicht ein paar Dutzend mal einstechen. Das verhindert, dass sich der Teig aufplustert, und hilft später bei der Trocknung zur perfekten Knusprigkeit. Die Brote nacheinander hellbraun backen und dann den Ofen auf 100°C herunter stellen. Das Knäckebrot auf zwei Roste verteilen, einen Holzkochlöffel in die Ofentür klemmen, damit die Feuchtigkeit abziehen kann, und das Brot dreißig Minuten trocknen lassen. Sobald es abgekühlt ist, luftdicht verpacken. So hält sich das Knusperbrot ein paar Monate lang. Übrigens: Wer gerade keinen Sauerteig zur Hand hat, kann als kleine Notfallvariante vier Gramm frische Hefe zusätzlich, und einen Esslöffel Apfelessig verwenden.

Das Topping für vier Brote: 40g Süßrahmbutter 100g Wildpreiselbeeren, gewaschen 20g Zucker 100g Sauerrahm frischer Meerrettich (öster. Kren) nach Geschmack, geschält und fein gerieben Dillblüten oder frischer Dill etwas Wegwarte, Natternkopf oder Kornblume, für den schwedenblauen Kontrast 100g Pfifferlinge, geputzt ein paar Stängel frische Petersilie, fein gehackt eine halbe Zehe Knoblauch, geschält und fein gerieben eine weiße Rübe oder drei Radieschen, in feine Scheiben geschnitten 300g Kabeljaufilet, mit Haut, entgrätet, in 12 kleine Stücke geschnitten zwei Zweige Wacholder etwas Weizenmehl Meersalz Butterschmalz Die Preiselbeeren einmal aufkochen, den Zucker dazu geben, unter ständigem Rühren zwei Minuten köcheln, und dann abkühlen lassen. Den Sauerrahm nach Geschmack mit Salz und frisch geriebenem Meerrettich verfeinern. Ich habe wirklich nur ein bisschen dazu gegeben, damit der Kren (was sagt es uns, dass die typisch österreichischen Worte im Durchschnitt nur ein Drittel so lang sind?) nicht zu dominant wird. Die Butter aufschlagen, mit Meersalz und etwas frisch gehacktem Dill würzen und auf die kalten Brote streichen. Die Pfifferlinge in der heißen Pfanne mit etwas Butterschmalz scharf anbraten, vom Herd ziehen und erst dann die Petersilie und den Knoblauch dazu geben. Die Hautseite des Filets leicht bemehlen und dann in der heißen, beschichteten Pfanne auf der Hautseite langsam knusprig braten. Wer hat, kann ein paar Zweige Wacholder dazu werfen. Preiselbeeren, Sauerrahm, Dillblüten, Wegwarte, Rübe und Pfifferlinge auf dem Brot verteilen und den Fisch nur einmal ganz kurz drehen, leicht salzen und dann auf dem Knäckebrot verteilen. Tadaa! Schon ist´s fertig, das sommerliche Abendbrot!

Ihr könnt gar nicht genug bekommen, von sommerlichen Gerichten mit viel Liebe zum Detail und saisonal-regionalen Zutaten? Dann findet ihr hier neun weitere Blogs, die unter dem Motto wirliebensaisonal ihre liebsten Augustrezepte mit dir teilen. Zucchini Parmigiana bei Eva Blechkuchen mit Marillen und Sauerrahm bei Martina Zwetschgen-Tomatentarte bei Sabrina Mungobohnen Hummus mit Paprika bei Carina Linsensalat mit Apfel und Sellerie bei Sabine Melonen-Tomaten Gazpacho bei Moana Zucchini-Marillen Chutney bei Carolin Sommergemüse Lasagne bei Babsi Brombeer-Lavendel Marmelade bei Anja

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